Ob erster Firmenauftritt, Rebranding oder teilweise Umgestaltung: Unternehmen müssen sich immer wieder mit Fragen des Designs befassen. Durchdachte Gestaltung kann sich dabei als Umsatzturbo erweisen, berichten Betriebe, die Design-Projekte erfolgreich umgesetzt haben. Von Gabriele Kolar
„Unser Catering-Betrieb hat im Hintergrund eine Fleischerei, die es in Simmering schon seit 1928 gibt. Unser Firmenauftritt zeigt das: Die Farbe Rot steht für die Fleischerei, der Kupferstich für das Traditionelle. Gleichzeitig ist
die Figur auf der Weltkugel zu Hause und modern. Und mit ihren sechs Armen wie der indische Shiva macht sie alles gleichzeitig, wie das beim Catering eben gefordert ist”, erzählt Wilhelm Amon. Er hat vor zehn Jahren den Familienbetrieb übernommen und das Catering dazu gegründet. Wenn er über seinen Firmenauftritt spricht, ist er mit Überzeugung bei der Sache. Das war nicht immer so. „Es hat nicht gleich klick gemacht, als das Konzept präsentiert wurde. Es war super durchdacht, aber bis es bei mir angekommen ist, hat es eine gewisse Zeit gedauert.”
Die Notwendigkeit eines neuen Firmenauftritts und einer klaren Positionierung hatte Amon erkannt, nachdem das Catering immer wieder mit einem anderen Betrieb verwechselt worden war. „Wir waren austauschbar. Daher wollte ich eine Marke schaffen und einen Auftritt haben, der unverwechselbar ist”, erklärt er.
Dass es zur Umsetzung dieses Wunsches mit Alessandri-Design kam, verdanke er einem Zufall: Cordula Alessandri war als Gast einer Veranstaltung von Amons Catering begeistert. „So sind wir ins Gespräch gekommen. Zuerst haben wir uns unverbindlich ausgetauscht, ich habe von unserem Betrieb erzählt, und erst nach einiger Zeit wurde dann ein Vorschlag ausgearbeitet. Die Aufgabe lautete: Machen Sie aus Amons Catering eine Marke, von der alle Feinspitze sprechen”, so Amon.
Wort-Bild-Marke Bekommen habe man eine Wort-Bild-Marke. Sie brachte einen neuen Namen – Amons Delicious Catering, kurz ADC -, ein Firmenlogo, Accessoires wie Zuckersackerln, Servietten oder Tropffänger, die alle mit dem Firmenlogo und fl otten Sprüchen bedruckt sind und damit bei Events für Unterhaltung sorgen. Auch die ungewöhnlichen Visitkarten auf dickem Karton und in Form von Suppenschüsseln, Fleischerbeilen, Weinfl aschen oder Hühnerhaxen sind Hingucker (siehe Bild Seite 4). „Den Gästen gefallen sie, sie nehmen sich Zeit, sie genau anzusehen und sie nehmen sie gerne mit”, so Amon. Auch die neu gebrandeten Lieferwägen stechen ins Auge, der Firmenfolder sei gleichzeitig eine dickere Papierserviette. „Wir kriegen jetzt Aufträge, weil unser Firmenauto gut ausschaut und auffällt. Die Investition in den neuen Firmenauftritt hat sich also gelohnt”, ist Amon überzeugt. „Man muss sich als Unternehmer bewusst sein, dass es etwas kostet, aber es schafft auch eine Marke, die man dann teurer verkaufen kann. Wir sind ein vielseitiges Unternehmen, das auf die Wünsche von Kunden eingeht. Das zeigt auch unser neuer Firmenauftritt.” Die Mitarbeiterschulung beginne nun stets mit der Erklärung
der Marke und natürlich seien auch alle in den Firmenfarben gekleidet.
Erfolgreiches Rebranding
Auch Harald Sauer, Inhaber des Sportfachgeschäfts nora pure sports, freut sich über einen Umsatzschub, den er einem erfolgreichen Rebranding zuschreibt. Er führt das von seiner Großmutter vor knapp 70 Jahren gegründete Unternehmen seit rund zehn Jahren. 2002 hat er das von seinen Eltern zuvor in mehreren nebeneinander liegenden Lokalen auf der Hernalser Hauptstraße ausgebaute Geschäft in ein ehemaliges Kino am Hernalser Gürtel verlegt. „Ich wollte schon damals auch eine Logoumstellung machen”, erzählt er. Seine Eltern seien jedoch noch dagegen gewesen, „aus Angst, dass Stammkunden den Betrieb dann nicht mehr finden”.
Damit kam es erst 2008 – nach erfolgreicher Übersiedlung – zur Umsetzung des Plans. „Ich habe einen Kunden darauf angesprochen, weil ich wusste, dass er das bei Spirit Design macht. Als Kunde kannte er mein Unternehmen schon, das war sehr angenehm, aber natürlich muss auch die Chemie stimmen. Denn das Erarbeiten eines neuen Logos dauert Monate, man hat dabei sehr intensiven Kontakt und da muss es eine gute persönliche Basis geben”, weiß Sauer.
Sein Auftrag an die Agentur lautete: „Ein gutes Branding, das den derzeitigen und zukünftigen Anforderungen genügt, weil unser Logo alt und verstaubt war.”
Marktforschung
Mit einer Förderung der WIFI Unternehmensberatung wurde Marktforschung betrieben, um zu sehen, wo das Sportfachgeschäft im Vergleich zum Mitbewerb steht und wie bekannt der alte Firmenname ist. „Das hat ergeben, dass wir einen sehr hohen Bekanntheitsgrad haben und es nicht Sinn gemacht hätte, den Namen komplett umzustellen. Dann hätte man noch viel mehr Geld in die Bewerbung der neuen Marke stecken müssen”, erzählt Sauer.
Aus Sport Nora wurde – nach langen intensiven Gesprächen – „nora pure sports”. Die Umsetzung des neuen Brands wurde professionell geplant und punktgenau zur jährlichen Kundenveranstaltung – dem Winter Opening – umgesetzt. „Wir haben den gesamten Außenauftritt, Werbemittel, Mitarbeiterkleidung, Leuchtschild auf einmal geändert und die Fassade in der neuen Firmenfarbe gestrichen.” Der Aufwand hat sich gelohnt: „Wir haben seither viele neue Kunden und einen deutlichen Umsatzzuwachs, weil die Leute unser Geschäft, das es dort schon seit sechs Jahren gegeben hatte, besser und neu wahrgenommen haben”, erklärt Sauer. Auch von den Stammkunden seien durchwegs positive Rückmeldungen gekommen. „Wir haben immer schon hochwertige Qualität und guten Service angeboten, aber unser altes Logo hat das nicht mehr verkörpert. Jetzt hat das Logo gleichgezogen mit dem, was wir im Unternehmen an Qualität und Professionalität bieten”, so Sauer.
Kunden ins Geschäft holen
Auch Unternehmen wie die beiden WIEN PRODUCTS-Mitglieder J. & L. Lobmeyr und Backhausen, die über ihre Produkte dauernd mit Design zu tun haben, planen derzeit Neues. Beide Betriebe stehen für eine gelungene Kombination von klassischem und jungem Design und wollen dies zukünftig auch in ihren Geschäftslokalen klarer zeigen.
„Wir werden im Jänner/Februar 2011 das Erdgeschoß, das derzeit ein bisschen überfüllt ist, neu strukturieren”, erzählt Reinhard Backhausen. Nach dem Motto „Weniger ist mehr” werden KIM+HEEP den Verkaufsraum umgestalten. „Sie haben ein tolles Konzept erarbeitet, das dem Ganzen mehr Modernität gibt. Das Erdgeschoß ist das Wichtigste, weil man durch die Auslage rein sieht – wir haben uns auch entschlossen, die Auslagen mehr zu öffnen. Zur Designerin Kim und dem Architeten Heep sei man über ein Projekt der Vienna Design Week gekommen.
„Wir waren sehr begeistert davon, wie sie sich von unseren Stoffen inspirieren haben lassen. Sie sind offen, hören zu und überlegen sich Konzepte. Sie sind sehr flexibel, aber in gewissen Fragen auch sehr konsequent”, beschreibt Backhausen die Planung, in die auch die Mitarbeiter einbezogen wurden. „Dabei hat sich eine tolle Dynamik entwickelt.” Auch die Backhausen-Homepage wird 2011 aufgefrischt.
Ähnliche Pläne zu einer Öffnung des Geschäftslokals wälzt man auch bei Lobmeyr. Der Eingangsbereich soll 2011 schrittweise neu gestaltet werden.
„Das neue Konzept sieht vor, dass der Rahmen ein bisschen in den Hintergrund tritt, etwas weniger Produkte gezeigt werden und ihre Kostbarkeit dadurch in den Vordergrund tritt”, erläutert Lobmeyr-Gesellschafter und Geschäftsführer Leonid Rath. 25 der 100 Glas-Bestsel-ler seien inzwischen neue Designs, was aber derzeit noch nicht klar genug zur Geltung komme. Nach dem neuen Konzept werden diese modernen Bestseller der Marke Lobmeyr zukünftig im ersten Raum im Vordergrund stehen.
www.wifi wien.at/ub
„Designer sind Berater ”
Worauf sollen Unternehmen bei der Auswahl von Designern achten?
Designer sollten Berater des Unternehmens sein. Dazu muss man ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Sehr wichtig ist daher auch die Phase des Predesigns, in der man gemeinsam die Aufgabenstellung erarbeitet. Wo steht das Unternehmen, wo will es hin, was sind die Märkte? Als Unternehmer kann ich in der Phase auch erkennen, ob der Prozess funktionieren wird.
Was ist während der Projektabwicklung wichtig?
Man muss sich bewusst sein, dass Corporate Design nach außen und nach innen wirkt. Es sollten daher alle im Unternehmen in den Prozess miteinbezogen werden.
Wann sollte man einen Designer anheuern?
Am besten schon bei der Unternehmensgründung. Wenn man später sein Corporate Design ändert, sollte man sich immer fragen, warum man das macht: Weil man etwas ausdrücken möchte, das sich maßgeblich verändert hat. Dazu muss man immer die Positionierung des Unternehmens überdenken.
(Wiener Wirtschaft Dez. 2010 – http://wiwi.wkw.at/2010/epaper48/pdf/WW_4810.pdf)
Leave a Reply
Your email is safe with us.