Die italienische Wettbewerbsbehörde (AGCM) hat im Jahr 2015 an einer europaweiten koordinierten Untersuchung über die korrekte Durchsetzung der Regeln des Gewährleistungsrechts teilgenommen. In diesem Beitrag beschreiben wir zwei wichtige Fälle, über die im Rahmen dieser Untersuchung entschieden wurden und stellen einige Leitlinien dar, um die häufigsten Fehler zum Thema Gewährleistungsrecht in Italien zu vermeiden.
Daten der europäischen Untersuchung
Die europäische Untersuchung hat, dank der koordinierten Arbeit der verschiedenen zuständigen nationalen Behörden, insgesamt 437 Webseiten umfasst. Von diesen Webseiten beinhalteten 235 unvollständige und teilweise irreführende Informationen über das Gewährleistungsrecht.
Im Rahmen dieser Aktion hat die AGCM in Italien 17 Webseiten unter der Lupe genommen, dabei hatte keiner der untersuchten Shops fehlerfrei über das Gewährleistungsrecht informiert. In 12 Shops wurden eher kleinere Verstöße festgestellt, aber in den anderen fünf kam die AGCM zu wichtigen Entscheidungen. Die totale Summe der verhängten Geldbußen betrug 130.000 Euro.
Zwei wichtige Entscheidungen
Im ersten Fall (PS10035, v. 4. November 2015) hatte ein Unternehmen über das Gewährleistungsrecht auf den Produktseiten des Online-Shops durch ein Pop-up Fenster und in den AGB informiert.
Auf den Produktseiten wurden irreführende Informationen über den zuständigen Ansprechpartner im Falle der Ausübung des Gewährleistungsrechts gegeben und teilweise könnte man überhaupt keine Informationen finden. Der Online-Shop hatte die Kunden nämlich für einige Produkte direkt auf die Webseite des Herstellers verwiesen, um ihre Gewährleistungsansprüche ausüben zu können. Für andere Produkte dagegen war das Pop-up Fester leer. Für eine dritte Gruppe von Produkten wurde der Nutzer auf eine andere Website des Shops (mit einer anderen Link-Bezeichnung) verwiesen, wo ein Link „Gestione delle garanzie“ (Garantie-Verwaltung) zur Verfügung stand, der allerdings nicht funktionierte.
In den AGB wurde ebenso unter dem Paragraph „Garanzie“ (Garantien) unklar und fehlerhaft über das Gewährleistungsrecht informiert.
Die AGCM hat für diese Geschäftspraktiken eine Geldbuße in Höhe von 10.000 Euro wegen fehlerhaften und irreführenden Informationen über das Gewährleistungsrecht verhängt.
In einem zweiten Fall (PS10042, v. 2. Dezember 2015) hat die AGCM verschiedene gesetzeswidrige Einschränkungen des Gewährleistungsrechts festgestellt. Der Shop, der Handys von verschiedenen Marken verkaufte, hatte sich als direkter Ansprechpartner für die Ausübung des Gewährleistungsrechts nur für die Handys, die seiner eigenen Marken angehörten, bezeichnet. Für alle anderen Produkte wurde der Kunde, wie im vorherigen Fall, direkt an den Hersteller weitergeleitet.
Außerdem wurden fehlerhafte Informationen über das Gewährleistungsrecht gegeben, da das Gewährleistungsrecht nur im Fall von ursprünglichen Mängeln und Transportschäden zugesichert wurde.
Eine weitere Einschränkung betraf die Frist zur Ausübung: anstelle von 2 Jahren ab Lieferung (mit Beachtung der Meldefrist von zwei Monaten ab Entdeckung der Mängel) musste der Verbraucher, laut einem Paragraph in den AGB, das Gewährleistungsrecht schon innerhalb von fünf Tagen ab Erhalt der Bestellbestätigung ausüben.
Zuletzt wurde eine weitere Einschränkung zur Ausübung des Rechts hinzugefügt: eine Nacherfüllung werde nur dann gewährt, wenn die diesbezüglich getätigten Gespräche am Telefon unter fünf Minuten geblieben wären.
Für diese Geschäftspraktiken wurde eine Geldbuße in Höhe von 100.000 Euro verhängt.
Korrekt informieren: Leitfaden
Das Gewährleistungsrecht für B2C-Verkäufe ist in Italien im „Codice del Consumo“ normiert (Art.128-135). Händler, die ihren Shop nach Italien ausrichten, müssen sich auch mit diesen Vorschriften vertraut machen, um darüber richtig zu informieren.
Hier eine nützliche Checkliste:
1) Inhaltliche Vorschriften über das Gewährleistungsrecht kennen. Eine Unterstützung von Experten bei der ersten Verfassung der Texte ist sicherlich sehr zu empfehlen.
2) Der Ansprechpartner für das Gewährleistungsrecht ist immer der Verkäufer. Alle Hinweise, die etwas anderes behaupten oder Zweifel verursachen können, müssen entfernt werden.
3) Es dürfen keine Einschränkungen des gesetzlichen Gewährleistungsrechts gemacht werden.
Rechte und Pflichten der Parteien, Fristen und Rechtsbefehle, die zur Verfügung stehen, sind im Gesetzt zwingend normiert.
Wichtig ist auch, daran zu erinnern, dass die Ware „vertragskonform“ sein muss. Dies sagt noch nichts über den Ursprung der Mängel aus, so dass Ausschlüsse des Gewährleistungsrechts aufgrund einer Unterscheidung zwischen Transportschäden und schon vorher bestehenden Sachmängeln gesetzwidrig ist. Abweichungen zwischen der angebotenen und tatsächlich erhaltenen Ware, ohne dass ein Defekt oder eine Wertminderung vorliegt, fallen ebenso in den Anwendungsbereich des Gewährleistungsrechts.
4) Das Gewährleistungsrecht muss klar vom Widerrufsrecht, von anderen eventuell vereinbarten Garantien oder einem vom Online-Shop angebotenen Umtauschrecht getrennt gehalten werden.
Klar aufgegliederte AGB (wenn vorhanden) oder gut bezeichnete Infoseiten sind deswegen essentiell.
Nutzen Sie dann die richtigen Bezeichnungen: „diritto di recesso“ (Widerrufsrecht), „diritto legale di conformità“ (Gewährleistungsrecht), „garanzie commerciali“ (andere Garantien), „cambio merce“ (Umtauschrecht).
5) Wenn man in verschiedenen Fundstellen über das Gewährleistungsrecht informiert, z.B. in den AGB, auf den Produktseiten oder auf anderen Informationsseiten, muss Folgendes beachtet werden:
– Es dürfen keine Widersprüche zwischen den verschiedenen Infotexten bestehen. Deswegen ist es empfehlenswert, den gleichen Infotext in den verschiedenen Fundstellen zu nutzten und diese soweit wie möglich zu reduzieren. Wenige Seiten und wenige Wiederholungen bedeuten eine Minderung des Risikos von Widersprüchen und eine benutzerfreundlichere Ausgestaltung der Webseite.
– Wer Links, Pop-Up Fester, interne Verlinkungen zwischen den verschiedenen Seiten des Online-Shops benutzt, in denen über das Gewährleistungsrecht informiert wird, der sollte die Funktionalität dieser Mittel sicherstellen.
Fazit
Den Verbrauchern falsche, irreführende oder auch lediglich unvollständige Informationen zu geben, kann in Italien sehr teuer werden. Bei der Internationalisierung eines Online-Shops muss auch auf die Lokalisierung der rechtlichen Infotexte geachtet werden. Das Gewährleistungsrecht in Italien stellt, zusammen mit anderen Rechtsgebieten, die noch nicht vollharmonisiert sind, noch eine große Herausforderung für deutsche Händler dar.
Wenn Sie zum Thema mehr Beratung wünschen, treten Sie gerne mit uns in Kontakt. (ec)
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